Praxis & Medizin
Die Kalkschulter | Medizin
Viele kennen das: Plötzlich bekommen man den Arm nicht mehr hoch und die Schulter schmerzt höllisch, vor allem nachts. Oft liegt das an kleinen Verkalkungen in der Schultermuskulatur, die eine Entzündung hervorrufen können. Man spricht dann von einer Kalkschulter.
Bei der Kalkschulter (Tendinosis calcarea) handelt es sich um Einlagerungen von Kalkdepots in die Sehnen der Rotatorenmanschette. Dieser Kalk kann spontan aus der Sehne in den Schleimbeutel der Schulter gelangen, was mit akuten starken Schulterschmerzen und einer Schultersteifheit verbunden ist.
Es können sich aber auch chronische Beschwerden entwickeln mit Belastungsschmerzen oder Ruheschmerzen bei normaler Beweglichkeit der Schulter.
Mit konservativer Therapie wie Krankengymnastik, Massage und Schmerzmitteleinnahme sind die Symptome meistens nicht ausreichend zu beeinflussen. Eine gute Therapiemöglichkeit bietet die Stoßwellentherapie.
Nur bei anhaltenden Beschwerden ist eine operative Entfernung des Kalkdepots (Arthroskopie) erforderlich.
Häufigkeit: Bei fast 7,5% der Bevölkerung liegt eine Kalkschulter vor, wobei nicht schmerzhaft sein müssen. Allerdings führt nahezu jede zweite asymptomatische Kalkschulter im Laufe des Lebens zu Problemen. Frauen sind etwa doppelt so häufig betroffen wie Männer.
Ursache: Die genaue Ursache ist nicht geklärt. Häufig sind aber mechanische Faktoren wie Überkopfarbeit, Schlagsportarten und Durchblutungsstörungen mit verantwortlich. Durch vermehrten Druck auf die Sehne und dadurch verminderte Durchblutung kommt es zum Absterben von Sehnenzellen und Sehnenfasern und zur Einlagerung von Kalziumsalzen in die Sehne.
Symptome: Manchmal verursachen die Kalkdepots keine Schmerzen und werden nur zufällig entdeckt. Es können leichte Schmerzen bei Überkopfbelastung oder -sport bei ansonsten Beschwerdefreiheit im Alltag oder Ruhe auftreten. Nicht selten kommt es aber auch zu starken Schmerzen vor allem nachts, sodass der Schlaf empfindlich gestört ist. Teilweise ist die Beweglichkeit der Schulter so stark eingeschränkt, dass einfach Tätigkeiten wie Kämmen oder Zähneputzen nicht mehr möglich sind. Häufig berichten Patienten auch über ein Taubheitsgefühl oder Kribbeln der Finger.
Diagnostik: Kalkherde in der Schulter lassen sich ausgezeichnet durch Ultraschall darstellen. Der Vorteil zum Röntgen liegt in der Möglichkeit, das Verhalten des Kalkdepots bei Bewegung der Schulter in Real-Time darzustellen. In der Kernspintomografie (MRT) lassen sich Verkalkungen der Schulter darstellen. Der Kalk bildet sich hier signalarm und damit dunkel ab und kann übersehen werden.
Therapie: Ziel ist eine Wiederherstellung der normalen, schmerzfreien Schulterfunktion ohne dabei unnötige Risiken einzugehen.
Therapie: Ziel ist eine Wiederherstellung der normalen, schmerzfreien Schulterfunktion ohne dabei unnötige Risiken einzugehen.
- Physiotherapie: Kälte in der Akutphase und bei chronischem Verlauf Wärmeanwendungen können hilfreich sein. Physiotherapie/ Krankengymnastik zum Erhalt oder zum Wiedererlangen der Beweglichkeit istaber überwiegend nicht in der Lage, die Symptomatik der Kalkschulter bei chronischen Beschwerden wesentlich zu beeinflussen.
- Im Akutstadium sind die Schmerzen oft so stark, dass orale Schmerzmittel wirkungslos bleiben. In diesem Fall kann lokale Infiltration (Spritze) mit Kortison und einem Lokalanästhetikum helfen. Wegen einer möglichen Schädigung der Sehnen der Rotatorenmanschette durch Kortison sollten diese Injektionen nur mit ausreichendem Abstand (z. B. 14 Tage) und nicht mehr als 2-3 x durchgeführt werden.
- Stoßwellentherapie (ESWT): Eine exzellente Therapie stellt die Stoßwellentherapie dar. Der Nutzen dieser Behandlung ist inzwischen in vielen auch prospektiv-randomisierten Studien nachgewiesen. Oft wird angenommen, die Schallstoßwellen zertrümmern die Kalkdepots in der Schulter. Die gegenwärtige Auffassung von Experten ist aber, dass es durch den Schalldruck zu einer Anregung der zellulären Reaktion kommt. Es entsteht eine vermehrte Durchblutung, es bilden sich neue Blutgefäße, die angegriffenen Sehnen erholen sich und das Kalkdepot löst sich auf.
Die schmerzlindernde Wirkung der Stoßwellen kommen durch eine verminderte Freisetzung der (Schmerz-)Substanz P. Nach einer Stoßwellentherapie sind 30-70 % aller Patienten beschwerdefrei, eine vollständige Auflösung des Kalkdepots wird in 20-50 % erreicht. Dies ist nicht ganz so gut wie bei einer arthroskopischen Operation, dafür ist ein Operationsrisiko nicht vorhanden und alle negativen Effekte sind deutlich geringer. Als Nebenwirkung sind lokale Schmerzen, Rötungen und Blutergüsse beschrieben, die aber nach kurzer Zeit wieder verschwinden.
Man unterscheidet zwei verschieden Arten von Stoßwellen:
- Die niederenergetische, radiale ESWT und
- die hochenergetische, fokussierte ESWT. Die hochenergetische Stoßwelle liefert im Vergleich zur niederenergetischen signifikant bessere Ergebnisse. Der apparative Aufwand für den Arzt ist sehr hoch und die Kosten der ESWT für den Patienten werden von den meisten gesetzlichen Krankenkassen nicht übernommen.